Felix-Klein-Modellierungswoche, 23. - 28. Februar 2025

Mit 47 Schüler:innen, Lehrkräften und KOMMS-Mitarbeiter:innen waren wir dieses Mal in der Pfälzerwald-Jugendherberge Hochspeyer zu Gast. Mathematische Modellierung kommt im Schulunterricht meist zu kurz, bildet jedoch einen wesentlichen Bestandteil der späteren Arbeit im mathematischen Bereich. Mit der Modellierungswoche wollen wir gezielt interessierte Schüler:innen und Lehrkräfte individuell dabei unterstützen, Modellierungskompetenzen zu erwerben. Dazu arbeiten die Teilnehmenden in kleinen Gruppen und werden durch die gesamte Modellierungswoche intensiv von KOMMS-Mitarbeiter:innen begleitet und betreut.

Folgende Modellierungsaufgaben, die zum Teil aus Forschungs- oder Industrieprojekten entstammen und passend für die Zielgruppe aufbereitet wurden, standen dabei im Mittelpunkt:

 

  • Thema 1: Die Einteilung freiwilliger Helfer
  • Thema 2: Optimale Wettstrategie im Kartenspiel Tichu
  • Thema 3:  Maximierung von Parkflächen
  • Thema 4: Mobilität der Zukunft: Euer Beitrag zur Verkehrswende
  • Thema 5: Der Schattenwurf eines Gebäudes
  • Thema 6: Flexible Strompreise

Thema 1: Die Einteilung freiwilliger Helfer

Jede bei einer Europameisterschaft teilnehmende Nation wird in der Regel von einem Volunteer betreut. Die Zuordnung von Volunteer und Nationalteam erfolgt dabei nicht per Zufall: Die Volunteers geben im Vorfeld ihre Sprachkenntnisse und ihre Länderwünsche an.

In diesem Projekt beschäftigten sich die Schüler:innen mit der Berechnung optimaler Helferzuteilungen. Sie entwickelten dazu zunächst einen Bewertungsmaß für die Güte von Helferzuteilungen, der Sprachkenntnisse und Länderwünsche kombiniert. Anschließend entwickelten die Schüler:innen mehrere effiziente Heuristiken und setzten diese in Python um. Darüber hinaus wurde ein exaktes Verfahren umgesetzt. Abschließend wurden die berechneten Lösungen visualisiert und unter Fairnessgesichtspunkten kritisch bewertet.

Thema 2: Optimale Wettstrategie im Kartenspiel Tichu

Tichu ist ein faszinierendes Kartenspiel, bei dem zwei Zweierteams gegeneinander antreten. Eine strategische Besonderheit ist dabei, dass abgesehen von einer initialien Kartenaustauschsphase keine Kommunikation zwischen Teampartner:innen erlaubt ist. Tichu ist eine Kombination eines klassisches Stichspiels mit Teampunktzählung, sowie Wetten: Spieler:innen können zu verschiedenen Zeitpunkten auf ihren Erfolg wetten und damit zusätzliche Punkte gewinnen - oder verlieren.

Ziel des Projektes war die Entwicklung einer Entscheidungsstrategie für optimales Wettverhalten. Dafür hatten die Teilnehmer:innen einen Datensatz zur Verfügung, der ca. 21 Millionen gespielte Runden auf Brettspielwelt umfasst. Mit viel Engagement analysierten die Teilnehmer:innen verschiedenste Fragestellungen auf dem Datensatz und entwickelten eine Strategie, die verschiedene Elemente einer ausgeteilten Hand berücksichtigt, diese gewichtet und aufsummiert. Je nach eigener Risikoaffinität können dann Wetten ab gewissen Schwellenwerten abgegeben werden.

Thema 3: Maximierung von Parkflächen

Im Projekt Maximierung der Parkfläche entwickelten die Schüler:innen ein Verfahren zur optimalen Anordnung von Parkplätzen auf einer beliebigen polygonalen Fläche.

Dabei wurde sichergestellt, dass jeder Parkplatz gut erreichbar ist und niemand zugeparkt wird. Zunächst wurden am Rand senkrechte Stellplätze entlang einer Einbahnstraße angelegt, wobei Zufahrtswege berücksichtigt wurden. Die verbleibende Fläche wurde mit parallelen Parkreihen gefüllt. Dabei wurden die Parkplätze im 90°-Winkel zu den Einbahnstraßen ausgerichtet, da Berechnungen der Schüler:innen zeigten, dass diese Anordnung in der gewählten Parkplatzgestaltung effizienter ist als eine im Fischgrätenmuster gestaltete Form. Ein eigens entwickelter Algorithmus optimierte die Flächennutzung einer beliebigen polygonalen Fläche nach dem überlegten Schema und lieferte eine visuelle Darstellung der effizienten Platzierung der Parkplätze. Mit viel Engagement entwickelten die Schüler:innen so eine praxisnahe Lösung, die eine vermeintlich einfache, tatsächlich jedoch anspruchsvolle Planungsaufgabe erfolgreich bewältigte.

Thema 4: Mobilität der Zukunft: Euer Beitrag zur Verkehrswende

Bei On-Demand-Mobilität gibt es im Gegensatz zum ÖPNV keine festen Routen und Abfahrtszeiten. Ein Fahrzeug kann via App angefordert werden und fährt zwischen spezifischen Haltepunkten in der Region. Im Unterschied zum Taxi teilen sich die Fahrgäste mit ähnlichen Abfahrts- und Zielpunkten jedoch gelegentlich ein Fahrzeug.

In dem Projekt planten die Schüler:innen die Gründung ihres eigenen On-Demand-Mobilitätsunternehmens. Dafür haben die Schüler:innen zunächst die wichtigsten Knotenpunkte in Landstuhl entwickelt, um anschließend mit Hilfe von Algorithmen der Netzwerkoptimierung die optimalen Standorte für Haltepunkte und Fahrzeuge zu ermitteln. Des Weiteren wurden die Betriebskosten berechnet und anschließend eine gewinnbringende Preisgestaltung entwickelt.

Thema 5: Der Schattenwurf eines Gebäudes

Die Kenntnis von schattigen Bereichen spielt eine entscheidende Rolle, um übermäßige Sonnenstrahlung zu vermeiden. Im Sommer kann die Strahlung und die damit einhergehende Hitze insbesondere für ältere Menschen eine Gefahr darstellen. In städtischen Gebieten spenden oft nur Gebäude Schatten. 

Das Ziel des Projekts war es, die Schattenflächen von Gebäuden über den gesamten Tagesverlauf zu berechnen und darzustellen. Die Schüler:innen nutzten analytische Geometrie, um unter Berücksichtigung des Sonnenstandes den Schattenwurf von Gebäuden als Ebene zu modellieren. Sie entwickelten Formeln, um die Fläche zu berechnen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt des Tages im Schatten liegt. Darüber hinaus gelang es ihnen, für ausgewählte Gebäudeformen in Geogebra die Fläche zu visualisieren, die im Verlauf  eines Tages im Schatten bleibt. Mithilfe eines eigenen Python-Programms konnten sie automatisiert zu jedem Zeitpunkt die Höhe und den Einfallswinkel der Sonne berechnen. Die Ergebnisse wurden dann für eine Simulation in GeoGebra genutzt.

Thema 6: Flexible Strompreise

Verschiedene Stromversorger bieten mittlerweile Tarife an, deren Strompreise sich am aktuellen Börsenpreis orientieren, anstatt einen festen Preis für einen längeren Zeitraum auszurufen. Hierbei ändern sich die Preise pro Kilowattstunde meist stündlich.

In diesem Projekt befassten sich die Schüler:innen damit, für wen sich solche Tarife lohnen können, wie die schwankenden Preise genutzt werden können um die eigenen Stromkosten zu minimieren und wie beispielsweise Speicherzellen oder Photovoltaikanlagen sich auf die Kostengestaltung auswirken. Die Schüler:innen nutzten die Standardlastprofile verschiedener Haushaltstypen zur Modellierung und Optimierung des typischen Verbrauchs der Haushalte. Unter anderem verwendeten sie ein selbst geschriebenes Python-Skript zum Vergleich der verschiedenen Tarife und berechneten Amortisierungszeiten für Speichereinheiten und Photovoltaikanlagen und beschäftigten sich somit tiefgehend mit den Mechanismen unserer Stromversorgung.

Exkursion und Freizeitprogramm

Unser Ausflug führte uns ins Fraunhofer Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik (ITWM). Das ITWM ist eines der größten Forschungsinstitute, das "Mathe in die Praxis bringt" und unterstützt das KOMMS seit vielen Jahren. Während des Besuchs konnten die Schüler:innen erfahren, wie der Alltag eines Mathematikers im Beruf aussieht und einen Einblick in Projekte des ITWM erhalten. Den Abschluss des Nachmittags bildete eine Runde Schwarzlicht-Minigolf, die den Teilnehmer:innen Gelegenheit zu geselligem Beisammensein gab.

Das Freizeitprogramm wurde durch Spieleabende, ein Tischtennisturnier und optionale morgendliche Laufrunden abgerundet.