Modellierungswoche "Sport und Sportorganisation", Februar 2018
Die Themen im Überblick
Die erste Modellierungswoche 2018 fand vom 18. bis 23. Februar in Oberwesel statt. Dabei wurden vier der acht Projekte in einem gemeinsamen, übergreifenden Themenkomplex ausgewählt.
Themenkomplex: Organisation rund um die Leichtathletik-EM 2018 in Berlin
- Thema 1: Gestaltung von Ticketpreisen
- Thema 2: Festlegung von Rundlaufstrecken
- Thema 3: Punktbewertung im Mehrkampf
- Thema 4: Gestaltung des Ablaufplans
Weitere Themen:
- Thema 5: Deutschland sucht die Super-Mehrkämpfer
- Thema 6: Kameraführung beim 100m-Sprint
- Thema 7: Energieeffizientes Bauen
- Thema 8: 3D-Scanner
Thema 1: Gestaltung von Ticketpreisen
Wenn es um den Sitzplatz bei einem Konzert oder Fußballspiel geht, dann ist die Beurteilung der Attraktivität eines Platzes offensichtlich: Je näher man am Star beziehungsweise am Spielfeldrand ist, desto besser ist die Sicht und desto besser ist im Umkehrschluss dann auch der Platz. Kein Wunder also, dass gute Plätze auch ihren Preis fordern. Für mehrtägige Leichtathletik-Veranstaltungen ist diese Schlussfolgerung weder offensichtlich noch allgemeingültig: Nicht nur die Platzierung einer Disziplin beeinflusst die Attraktivität eines Sitzplatzes und damit den Ticketpreis, sondern auch die Zusammenstellung des Veranstaltungstages. Es spielt also eine Rolle, welche Disziplinen in welcher Wettkampfart stattfinden. Fünf Schülerinnen und Schüler stellten sich der Herausforderung, für die siebentägige Leichtathletik-Europameisterschaft 2018 im Berliner Olympiastadion Ticketpreise zu gestalten und den verschiedenen Sitzblöcken zuzuordnen. Dabei sollten für jeden Wettkampftag individuell Einzelkarten in fünf verschiedenen Preiskategorien sowie Mehrkampf- und Dauerkarten angeboten werden. Als Datengrundlage wurde der Gruppe der Stadionplan samt der Innenraumbelegung der Disziplinen sowie der Ablaufplan der EM zur Verfügung gestellt.
Die Schülerinnen und Schüler waren sich schnell einig, mithilfe des Stadionplans die Attraktivität der Sitzblöcke zu beurteilen, um sie dann den verschiedenen Preiskategorien zuordnen zu können. Nach einer ersten subjektiven Einschätzung ging die Gruppe dazu über, die Distanzen mit der Beliebtheit der einzelnen Sportarten, die sie in einer Schülerumfrage erhoben, zu verknüpfen. In diesem Zusammenhang entwickelte das Team unter anderem eine GeoGebra-Datei, die für jeden Punkt auf dem Stadionplan die verschiedenen Distanzen ermittelte. Insgesam konnten sie dadurch ihre zuvor subjektive Bewertung rechtfertigen und mithilfe quantitativer Daten stützen. Um die Ticketpreise der Veranstaltungstage zu berechnen, entwickelten die Schülerinnen und Schüler ein dynamisches System mithilfe einer Tabellenkalkulation, wodurch sie ähnlich wie bei den Sitzblöcken eine Bewertung für einen Veranstaltungstag ermitteln konnten. Der Vorteil des Systems war die schnelle Anpassung an einen neuen Ablaufplan, der durch eine andere Gruppe im Laufe der Modellierungswoche erstellt wurde. Die Schülerinnen und Schüler entschieden sich dazu, pro Tag und Preiskategorie eine günstige und eine teure Session anzubieten und so eine komplette Preisverteilung vorzunehmen. Mehrkampf- und Dauerkarten wurden unter Berücksichtigung von entsprechenden Vergünstigungen aus den resultierten Preisen ermittelt. Mithilfe einer zweiten Schülerbefragung zur Zahlungsbereitschaft für einzelne Preiskategorien interpretierte die Gruppe statistisch, mit welchem Ticketverkaufgerechnet werden kann. Zusammen mit weiteren Kalkulationen zu den bei der EM entstehenden Kosten, den Einnahmen durch Marketing sowie einer Abschätzung der Besucherzahl konnten die Schülerinnen und Schüler schließlich einen Eindruck über die gesamten Einnahmen durch den Ticketverkauf geben und diesen ebenfalls interpretieren. Zur Abrundung des Projekts entwickelte die Gruppe zudem ein Java-Programm, das für einen beliebigen Ticketkäufer je nach gewünschter Veranstaltungssession, bevorzugter Preiskategorie und Ticketzahl direkt den Preis angab.
Thema 2: Festlegung von Rundlaufstrecken
Vom 7. bis 12. August 2018 findet in Berlin die Leichtathletik-Europameisterschaft statt. Der Marathonlauf über 42,195 km gehört zu den Höhepunkten dieser Sportveranstaltung: Der Wettkampf wird nicht wie alle anderen Disziplinen im Stadion ausgetragen, sondern auf einer Straßenstrecke, die durch die Stadt führt. Dabei handelt es sich sehr häufig um einen Rundkurs: Die Straßen werden für den üblichen Verkehr gesperrt und lediglich für die aktiven Teilnehmer sowie die Zuschauer freigegeben. Der Marathon startet und endet am gleichen Punkt. Dieser ist eine bekannte Sehenswürdigkeit der Stadt: das Brandenburger Tor.
Für die Organisatoren stellt sich besonders die Herausforderung, einen geeigneten Rundkurs – nicht nur für den Marathon, sondern auch für 20 km sowie 50 km Gehen – festzulegen. Häufig werden solche Rundkurse durch einfaches „Draufschauen“ erstellt: Die Veranstalter setzt sich zusammen, betrachten sich den Stadtplan und entscheiden sich dann nach mehrmaligem Ausprobieren und einer mehr oder wenig langen Diskussion für einen möglichen Rundkurs.
Vier Schülerinnen und Schülern stellten sich der Aufgabe, geeignete Rundlaufstrecken für die jeweiligen Disziplinen zu finden und dabei ein mathematisches Verfahren zu entwickeln, das allgemeingültig ist, d.h. das auf beliebige Städte angewendet werden kann. Die GIS-Daten der Stadt Berlin erhielt die Gruppe von Open Street Map.
Da die Aufgabenstellung offen gestellt war, verschaffte sich die Gruppe zunächst einen groben Überblick, indem sie mögliche Ziele festhielten. Passend dazu formulierten sie erste Vorgehensweisen und Lösungsansätze. Der Gruppe war direkt klar, dass im ersten Schritt Kriterien der Rundstrecke festgelegt werden müssen, über die sie sich unter anderem bei der IAAF (International Association of Athletics Federations) informierten. Beispielsweise muss auf die Breite, auf den Bodenbelag der Straßen sowie auf den Höhenverlauf geachtet werden. Letzteres Kriterium wurde ignoriert, da ein Blick auf die Höhenkarte von Berlin zeigte, dass es kaum Anstiege gibt. Ungeeignet für einen Rundkurs sind außerdem Sackgassen, Autobahnen und Bahngleise. Des Weiteren entschied sich die Gruppe dazu, den Rundkurs an möglichst vielen Sehenswürdigkeiten vorbeizuführen, um die Strecke für die Läufer als auch für das Publikum attraktiv zu gestalten. Zusätzlich wurden Anforderungskriterien für Kreuzungen (z.B. den Winkel bei zwei aufeinanderfolgenden Straßen) aufgestellt. Die GIS-Daten Berlins wurden in einem nächsten Schritt von Open Street Map organisiert und aufbereitet. Die Gruppe überlegte sich, wie sie aus den gegebenen Koordinatenpaaren in Längen- und Breitengrad die Straßenlängen ausrechnen können. Nun wurden diejenigen Straßen gelöscht, die die von der Gruppe erstellten Kriterien nicht erfüllten und somit für einen Rundkurs ungeeignet waren. Das Ergebnis ist das Straßennetz Berlins mit den Sehenswürdigkeiten – dargestellt als Graph.
Um nun die Rundstrecken zu bestimmen, wurde von der Gruppe ein rekursiv-implementierter Enumerationsalgorihtmus entwickelt: Zunächst wurden „per Hand“ verschiedene Rundstrecken konstruiert. Diese Vorgehensweise wurde in einem nächsten Schritt in die Mathematik übersetzt, um einen Algorithmus aufzustellen und zu implementieren.
Thema 3: Punktbewertung im Mehrkampf
Wie kann man eigentlich sportliche Leistungen verschiedener Sportarten oder Disziplinen fair miteinander vergleichen? Dieser Frage gingen im Rahmen der Modellierungswoche fünf Schülerinnen und Schüler nach. Ausgangslage war die aktuelle Punktebewertung im Zehnkampf der Leichtathletik: Hier absolvieren die Sportler nacheinander zehn verschiedene Disziplinen aus den Bereichen Lauf, Sprung und Wurf und erhalten für ihre Leistungen eine gewisse Punktzahl. Die Gesamtpunktzahl eines Athleten bildet sich aus der Summe der Einzeldisziplinergebnisse und wird zur Bildung der Gesamtreihenfolge im Zehnkampf mit der der anderen Sportler verglichen.
Zunächst diskutieren die Schülerinnen und Schüler kontrovers, wie man die „Fairness“ eines Bewertungssystems überhaupt definieren kann, und einig war man sich schnell, dass es nicht „die eine“ richtige Definition von fair gibt. Vielmehr stellten sie Kriterien auf, die eine faire Bewertung erfüllen sollte. Einig war man sich beispielsweise, dass alle Disziplinen das Gesamtergebnis in gleichem Umfang beeinflussen sollten und sich das Gesamtranking nicht am Ausgang einzelner Disziplinen festmachen lässt. Gleichzeitig soll der Punktezuwachs mit besserer Leistung steigen. Sehr gute Leistungen sollten also besonders „belohnt“ werden.
Eine Analyse des aktuellen Bewertungssystems offenbarte vermeintliche Schwachstellen. So fanden die Schülerinnen und Schüler beispielsweise heraus, dass die besten vergebenen Punktzahlen bei den letzten internationalen Zehnkampf-Großereignissen im Kugelstoßen schlechter waren als die schlechtesten Punktzahlen im Hürdenlauf.
Die Schülerinnen und Schüler erarbeiteten einen innovativen Ansatz, um eine bessere Vergleichbarkeit innerhalb Teilnehmerfeldes herzustellen: Punktzahlen sollten nicht mehr aufgrund der absoluten Ergebnisse festgelegt werden, sondern durch einen Vergleich innerhalb des aktuellen Teilnehmerfeldes des Wettkampfes. So soll ein Sportler für die durchschnittliche Leistung des Teilnehmerfeldes in jeder Disziplin exakt 1000 Punkte bekommen. Die gewählte Bewertungsfunktion belohnte bzw. bestrafte Abweichungen von der Durchschnittsleistung. Der Progressionsfaktor wurde durch einen Vergleich des Leistungsniveaus mit dem aktuellen Weltrekord erreicht. Zum Verifizieren des entwickelten Ansatzes verglichen die Schülerinnen und Schüler die Ausgänge vergangener Wettkämpfe mit ihrer neu entwickelten Methode. Auffällig festzustellen war, dass sich die Endplatzierungen vor allem im Mittelfeld änderten, während Vorderst- und Letztplatzierten meist ihre Reihenfolge beibehielten. Zum Abschluss des Projektes starteten die Jugendlichen eine Umfrage unter den anderen Teilnehmern der Modellierungswoche, welches Konzept sie für fairer erachten.
Thema 4: Gestaltung des Ablaufplans
Bei der Gestaltung eines Ablaufplans eines Großevents wie der Leichtathletik-EM 2018 in Berlin müssen viele Faktoren berücksichtigt werden. Zum einen sollten natürlich die spezifischen Regeln des Wettbewerbs eingehalten werden. Dazu zählt zum Beispiel auch die einleuchtende Restriktion, dass ein Halbfinale vor dem Finale stattfindet. Andererseits gibt es auch Regeln, in welchem Abstand und in welcher Reihenfolge die Einzelwettbewerbe im Mehrkampf ausgeführt werden. Diese sportlichen Rahmenbedingungen mussten von den Schülerinnen und Schülern des Projekts recherchiert werden. Zudem kommen noch weitere Bedingungen hinzu. Die einzelnen Tage der EM sollten wenn möglich ähnlich attraktiv sein - Hauptevents also nicht nur an einem Tag stattfinden. Außerdem sollten sie zur Primetime liegen, sodass Fernsehsender die Events zur besten Zeit übertragen können. Gelingt es vielleicht auch, die personellen Kosten gering zu halten, indem man Kampfrichter geschickt einsetzt und die Anzahl der Auf- und Abbauten von zum Beispiel Hürdenläufen möglichst gering hält? Weiterhin haben die Schülerinnen und Schüler versucht, die Einnahmen über den Kartenverkauf zu maximieren, indem sie sich mit der Gruppe zur Gestaltung von Ticketpreisen ausgetauscht hat.
Insgesamt haben die Schülerinnen und Schüler einen abgeänderten Ablaufplan für die EM ausgearbeitet, der mit dem von der Ticketgruppe vorgestellten System einen größeren Gewinn für die Veranstalter generiert hat, als es der offizielle Ablaufplan tut.
Thema 5: Deutschland sucht die Super-Mehrkämpfer
Die Fragestellung kommt hier ebenfalls aus dem Bereich des Sports, gehört allerdings nicht in das komplexe Über-Thema der Leichtathletik EM 2018. Es ging darum herauszufinden, ob man jungen Leichtathleten schon möglichst früh eine Empfehlung für die mögliche Spezialisierung in einer Disziplin oder die Entscheidung für den Mehrkampf geben kann. Schon im Kinder-, Schüler- und Jugendbereich gibt es verschiedene Arten des Mehrkampfs, am bekanntesten ist sicher der klassische Dreikampf bestehend aus Sprint (50m/75m/100m), Weitsprung sowie Ballwurf bzw. Kugelstoßen. Doch wie kann man aus Leistungen etwa im Ballwurf auf die potentielle Leistungsfähigkeit in den technischen Wurfdisziplinen Diskus oder Speerwurf schließen? Und wie erkennt man, ob eine mit 12 Jahren erbrachte gute Leistung durch hartes Training zustande kam und kaum gesteigert werden kann, oder ob sie alleine wegen eines außergewöhnlichen Talents möglich war? Wie kann man die Leistungssteigerung in verschiedenen Disziplinen über mehrere Jahre voraussagen und diese Prognosen regelmäßig mit neuen Daten verbessern? Und letztlich steht man auch vor der Frage, ob ein Sportler mit außergewöhnlichen Leistungen in einer Disziplin, etwa im Weitsprung, auf jeden Fall die Spezialisierung dem Mehrkampf vorziehen sollte oder ob man auf diese Weise nicht gerade Ausnahmetalente des Mehrkampfs verliert.
In der Gruppenarbeit stellte sich früh heraus, dass sehr viele Aspekte aus den Bereichen des Sports, der Trainingslehre aber auch der Entwicklungsphysiologie eine wichtige Rolle bei der Beantwortung der Frage spielen. Daneben braucht man natürlich auch möglichst viele Daten, um eigene Modellthesen zu prüfen oder sinnvolle Parameter(-bereiche) festzulegen. Diese Aufgaben wurden innerhalb der Gruppe früh aufgeteilt, so dass parallel und sehr effizient gearbeitet werden konnte. Zwischendurch wurden Ideen und Erkenntnisse ausgetauscht und ggf. die weiteren Arbeitsschritte angepasst.
Eine große Bedeutung hatte dabei die Frage, ob Mehrkämpfer in bestimmten Disziplinen verhältnismäßig viele Punkte bekommen und es somit wichtig ist, gerade in diesen Disziplinen gute Leistungen zu erbringen. In der Folge gäbe es dann ja auch Disziplinen, in denen sich schwächere Leistungen nicht so negativ auswirken – und das hätte eine große Bedeutung für das Aussprechen der gewünschten Empfehlung. In diesem Zuge ergab sich ein recht intensiver Austausch mit dem Projekt zur fairen Punktebewertung im Mehrkampf, das ja genau diese Frage untersuchte: Tatsächlich gibt es Disziplinen, in denen Mehrkämpfer im Mittel höhere Punktzahlen bekommen als in anderen – wofür es natürlich verschiedene Gründe geben kann: Ursache könnte der Bewertungsmaßstab sein, aber auch die Tatsache, dass die körperlichen Anforderungen an einen Mehrkämpfer es sehr unwahrscheinlich machen, dass man in allen 7 bzw. 10 Disziplinen Leistungen im gleichen Verhältnis zu den jeweiligen besten Spezialisten abliefern kann. Für die weitere Bearbeitung wurde allerdings mit dem aktuellen Punktesystem des Mehrkampfs gearbeitet mit dem Wissen, dass das so erhaltene System zum Erstellen von Empfehlungen wahrscheinlich bei einer Änderung der Bewertung überdacht und angepasst werden müsste.
Am Ende der Woche gelang es dem Team, mit Hilfe eines Modells für das Entwicklungspotential in verschiedenen Disziplinen aus aktuellen Leistungen im Dreikampf bzw. Vierkampf eine Prognose für mögliche Leistung einer späteren Siebenkämpferin oder eines zukünftigen Zehnkämpfers zu erstellen. Durch Vergleich mit den Qualifikationsanforderungen für Mehrkämpfer und Spezialisten wurde daraus die entsprechende Empfehlung generiert. Mit Hilfe eines praktischen Excel-Arbeitsblatts können sich nun die jungen Sportler Vorhersagen mit den zugehörigen Empfehlungen erstellen lassen. Und so eine Empfehlung könnte natürlich auch lauten, sich besser eine andere Sportart oder ein Hobby außerhalb des Sport zu suchen, wenn man tatsächlich nach Leistungen auf dem Niveau der nationalen oder gar internationalen Spitze strebt. ;-)
Thema 6: Kameraführung bei einem 100m-Sprint
Usain Bolt stellte bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft 2009 in Berlin den bis heute bestehenden Fabelweltrekordlauf im 100 Meter Sprint von 9,58 Sekunden auf. Ob und wann ein neuer Weltrekordlauf aufgestellt wird, steht sicherlich in den Sternen, doch dieser soll aus einem optimalen Blickwinkel für die Fernsehzuschauer übertragen werden.
Damit bestand die Aufgabenstellung für fünf Schülerinnen und Schüler darin eine Kameraführung für den künftigen Weltrekordlauf eines 100 Meter Sprints zu entwickeln, der diesen aus nahezu gleichem Blickwinkel für die Fernsehzuschauer überträgt.
Als Datengrundlage hatten die Schülerinnen und Schüler die Zeiten der Streckenintervalle des aktuellen Weltrekordlaufs zur Verfügung. In ihrer ersten Erarbeitung verglichen sie diese Daten mit weiteren Weltrekordläufen, um Gemeinsamkeiten dieser Läufe herauszuarbeiten. Weiterhin überlegten sie sich anhand von Fernsehübertragungen eines 100 Meter Sprints erste Ideen der eigenen Kameraführung überlegt.
Es bildeten sich im Laufe der weiteren Erarbeitungsphase zwei Schülergruppen: Die erste Gruppe versuchte die gegebenen Daten vergangener Weltrekordläufe mit mathematischen Funktionen zu beschreiben. Hierzu nutzten Sie insbesondere die dynamische Geometrie-Software GeoGebra. Die Schülerinnen und Schüler modellierten die Kameraführung durch eine kubische Funktion und verglichen diese Modellierung mit weiteren Funktionen wie beispielsweise mit dem logarithmischen Wachstum.
Die zweite Schülergruppe war an einer technischen Implementierung der Kameraführung interessiert. Dabei wurde auf die modellierte Kameraführung zurückgegriffen und diese wurde dahingehend modifiziert, dass mit Hilfe einer Bildverarbeitung, die in Python programmiert wurde, der aktuell Führende eines 100m-Sprints adaptiv verfolgt wurde. Eine entsprechende praktische Steuerung sollte mit Hilfe der Ansteuerung eines elektronisch betriebenen Spielzeugautos über einen Raspberry Pi erfolgen. Jedoch konnte dieses Auto nicht in der verbliebenen Zeit besorgt werden.
Bei der Präsentation der Aufgabenstellung konnten die Schülerinnen und Schüler sehr gut ihr interdisziplinäres Arbeiten innerhalb der MINT-Fächer darlegen. Für die Aufgabenstellung waren elementare physikalische Kenntnisse über die Größen Weg, Geschwindigkeit und Beschleunigung notwendig, um ein entsprechendes mathematisches Modell für die Kameraführung aufzustellen. Das erarbeitete Modell wurde verknüpft mit einer eigenständig programmierten Bildverarbeitung, um eine adaptive Verfolgung eines neuen Weltrekordläufers zu ermöglichen.
Thema 7: Energieeffizientes Bauen - Wie viel Dämmung ist sinnvoll?
Im Kampf gegen den Klimawandel ist Deutschland bemüht, den Energiebedarf in allen Bereichen zu senken. Ein wichtiger Baustein ist dabei die Dämmung von Gebäuden, denn auf sie entfallen knapp 40 Prozent des Energieverbrauchs und rund ein Drittel der CO2-Emissionen. Deshalb setzt die Bundesregierung mit der Energieeinsparverordnung Standards zum Energiesparen, die ständig aktualisiert und verbessert werden. Offensichtlich hat der Bauherr, abgesehen von der gesetzlichen Verpflichtung, ein eigenes Interesse daran, den Energiebedarf möglichst gering zu halten, andererseits entstehen durch die aufwendigen Dämmungsmaßnahmen z.T. hohe Kosten.
Genau mit diesem Dilemma haben sich sechs Schülerinnen und Schüler während der letzten Modellierungswoche auseinandergesetzt. Die Schüler waren sich sicher, dass die entscheidende Art der Wärmeübertragung bei Häusern die Wärmeleitung ist, während sie die Wärmestrahlung als vernachlässigbar ansahen. Innerhalb des ersten Tages recherchierten sie ausgiebig diverse Baumaterialien, ihre Wärmeleitfähigkeit und die dafür notwendigen Materialkosten. Da das Themengebiet Wärme in der Mittelstufe nur phänomenologisch auftritt und in der Oberstufe meist gar nicht mehr, informierten sich die Schüler mithilfe verschiedener Internetseiten über die formale Beschreibung des Wärmeflusses und dessen Zusammenhang mit der benötigten Energie, um ein Haus auf einer konstanten Temperatur zu halten.
Um die Frage nach der idealen Menge an Dämmung beantworten zu können, legten sie einige Parameter fest, so z.B. die Größe des Hauses und die Bauweise. Sie nahmen unter anderem an, dass die Hauswand nicht nur aus Dämmmaterial sondern auch aus tragenden Elementen besteht, was sie vor ein weiteres Problem stellte: Wie lässt sich der Wärmefluss durch zwei hintereinander verbaute Materialien berechnen? Diese Frage konnten sie schließlich mit Hilfe einer Analogie zum elektrischen Stromkreis, genauer der Parallelschaltung von Widerständen, beantworten. So stellten sie für verschiedene Materialien und der Annahme eines gewissen Zeitraums, die das Haus stehen soll, eine Kostenfunktion auf, in der sie ebenfalls die Heizkosten berücksichtigen. Anhand des Kurvenverlaufs war es ihnen dennoch nicht möglich die Frage nach der optimalen Dämmungsbreite zu beantworten.
Aufgrund der Kürze der Zeit – auch wenn es eine Woche war – mussten viele Einflussfaktoren bei diesem komplexen Thema vernachlässigt werden. Sicherlich hätte man bei einer längeren Bearbeitungszeit auch die aufgestellte Funktion besser auswerten können.
Thema 8: 3D-Scanner
Die Aufgabe der Gruppe war es, ein Messgerät zu bauen, mit dem man 3D-Objekte vermessen kann. Zur Verfügung standen ein Schrittmotor, ein Drehteller, diverse Microcontroller und Computer sowie eine Box voller Elektronik-Sensoren.
Die Schülerinnen und Schüler mussten sich zunächst erarbeiten, wie sie die Geräte miteinander kommunizieren lassen. Dazu wurden komplizierte Schaltungen entworfen und auf den zur Verfügung stehenden Raspberry Pis und Arduino-Boards die passenden Skripte erstellt, um alle Vorgänge zu automatisieren.
Parallel dazu wurde bereits vor der ersten Messung ausgetüftelt, wie die Daten des Sensors aufbereitet und ausgewertet werden müssen, um sie in angemessener Form darzustellen.
In diesem Projekt trafen mathematische und physikalische bzw. elektrotechnische Theorie auf die gnadenlose Realität, in der Geräte nicht immer auf Anhieb funktionieren und wo Messergebnisse oft mit problematischen Messfehlern einhergehen. Dennoch hat die Gruppe diese Rückschläge souverän gemeistert und dabei ein interdisziplinäres Projekt erlebt, in dem alle Aspekte von MINT vertreten waren.
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