Felix-Klein-Modellierungswoche, 15. - 20. September 2024

Mit 45 Schüler:innen, Lehrkräften und KOMMS-Mitarbeiter:innen waren wir dieses Mal in der CityStar-Jugendherberge in Pirmasens zu Gast. Mathematische Modellierung kommt im Schulunterricht meist zu kurz, bildet jedoch einen wesentlichen Bestandteil der späteren Arbeit im mathematischen Bereich. Mit der Modellierungswoche wollen wir gezielt interessierte Schüler:innen und Lehrkräfte individuell dabei unterstützen, Modellierungskompetenzen zu erwerben. Dazu arbeiten die Teilnehmenden in kleinen Gruppen und werden durch die gesamte Modellierungswoche intensiv von KOMMS-Mitarbeiter:innen begleitet und betreut.

Folgende Modellierungsaufgaben, die zum Teil aus Forschungs- oder Industrieprojekten entstammen und passend für die Zielgruppe aufbereitet wurden, standen dabei im Mittelpunkt:

 

  • Thema 1: Maximierung der Parkfläche
  • Thema 2: Energieeffizientes Bauen
  • Thema 3: Das optimale Tastaturlayout
  • Thema 4: Schattenwurf eines Gebäudes
  • Thema 5: Der passende Tanz
  • Thema 6: Nachhaltige Forstwirtschaft

Thema 1: Maximierung der Parkfläche

Im Projekt Maximierung der Parkfläche entwickelten dieSchüler:innen ein Verfahren, um ein Grundstück beliebiger polygonaler Form möglichst effizient mit Parkplätzen zu füllen. Die effiziente Nutzung verfügbaren Platzes ist ein wichtiger Aspekt moderner Städteplanung. Schnell fanden die Schüler:innen die Gaußsche Trapezformel, die es ermöglicht, den Flächeninhalt beliebiger Polygone zu bestimmen, um so die von ihnen gefüllte Parkfläche mit der maximal verfügbaren Fläche vergleichen zu können. In ihrem Verfahren bestimmten sie möglichst große Rechtecke, die in das gegebene Polygon gelegt werden können. Dies wurde für die verbliebenen Restflächen wiederholt, bis die übrigen Flächen keinen Parkplatz mehr aufnehmen konnten. Diese Rechtecke wurden nun mit Parkplätzen gefüllt, wobei auch Zufahrtswege berücksichtigt wurden. Hierzu stellten die Schüler:innen Formeln auf, die berechneten, wie viele Parkplätze sowohl in der klassisch parallelen Form als auch in einer um 45° angewinkelten Form hineinpassten. Außerdem implementierten sie ihr Verfahren in einem Python-Programm, das eine automatische Berechnung ermöglichte.

Mit viel Engagement erstellten sie so ein praktikables Verfahren, das eine zunächst einfach klingende, bei genauerer Betrachtung aber doch sehr komplexe Aufgabe mit guter Effizienz löste.

Thema 2: Energieeffizientes Bauen

Während der Modellierungswoche setzte sich eine Gruppe aus fünf Schüler:innen intensiv mit der mathematischen Seite des energieeffizienten Bauens auseinander. Sie recherchierten die Kosten verschiedener Baumaterialien, Dämmungen etc. und beschäftigten sich mit den Anforderungen an energieeffiziente Bauweisen. Ein weiterer wichtiger Schwerpunkt war der Vergleich von energieproduzierenden Maßnahmen wie Photovoltaikanlagen sowie unterschiedlichen Heizungsarten. Dabei stand stets die Abwägung von Wirtschaftlichkeit und ökologischen Aspekten im Vordergrund. Am Ende entwickelten die Schüler:innen ein Programm, das potenziellen Hausbauern hilft, die Kosten für ihr Wunschhaus grob zu berechnen, wobei auch Verzinsung und Tilgung berücksichtigt wurden.

Thema 3: Das optimale Tastaturlayout

Das in Deutschland übliche Tastaturlayout QWERTZ wurde ursprünglich für Schreibmaschinen entwickelt. Ziel war nicht die Maximierung der Tippgeschwindigkeit oder die gleichmäßige Belastung aller Finger. Stattdessen wurden die am häufigsten vorkommenden Buchstabenfolgen voneinander getrennt, um ein Hängenbleiben an den sogenannten Typenhebeln zu vermeiden.

In dem Projekt Das optimale Tastaturlayout untersuchten die Schüler:innen, wie ein besseres Layout entwickelt werden kann. Dazu ermittelte die Projektgruppe die häufigsten Buchstaben und Buchstabenfolgen der deutschen Sprache. Anschließend wurde ein Verfahren entwickelt, das auch auf andere Sprachen übertragbar ist. Dabei wurde das Zehnfingersystem verwendet, um die am besten erreichbaren Tasten zu bestimmen und die Tasten entsprechend in verschiedene Kategorien einzuteilen. Anschließend wurde iterativ ein Tastaturlayout erstellt: Die am häufigsten verwendete Taste wurde auf die am besten erreichbare Taste gelegt, die noch nicht belegt war.

Außerdem erstellten die Schüler:innen ein Programm, das anhand eines Beispieltextes ein gegebenes Tastaturlayout auf Tippgeschwindigkeit und Fingerbelastung untersucht. Dieses wurde zum Vergleich von Tastaturlayouts verwendet. Des Weiteren konnte damit ein gegebenes Tastaturlayout algorithmisch verbessert werden: Es wurde versucht, Buchstaben auf Tasten in der gleichen Erreichbarkeitskategorie zu vertauschen. Das so entstandene Layout wurde anschließend bewertet und beibehalten, wenn es in Bezug auf gleichmäßige Belastung und Tippgeschwindigkeit besser abschnitt.

Thema 4: Schattenwurf eines Gebäudes

Die Kenntnis von schattigen Plätzen ist zur Vermeidung von Überhitzungen von entscheidender Bedeutung. Gerade im Sommer droht vor allem für ältere Menschen Gefahr durch Hitze, die es auf den Wegen von einem Ort zu einem anderen zu vermeiden gilt. In Städten spenden oft nur angrenzende Gebäude Schatten. Ziel des Projekts war die Berechnung und Darstellung der Schattenfläche von Gebäuden über den gesamten Tagesverlauf hinweg. Die Schüler:innen konnten mit Hilfe analytischer Geometrie unter Beachtung des Sonnenstandes den Schattenwurf von verschiedenen Gebäuden als Ebene modellieren. Die Schüler:innen erarbeiteten Formeln, um die Fläche, die zu irgendeinem Zeitpunkt im Tagesverlauf im Schatten liegt, zu berechnen. Zum anderen gelang es, die Fläche, die im gesamten Tagesverlauf im Schatten liegt, darzustellen. Mit Hilfe eines eigenen Programms konnte zu jedem Zeitpunkt automatisiert die Höhe und der Einfallswinkel der Sonne berechnet werden. Die Schattenflächen der verschiedenen Gebäude wurden in GeoGebra simuliert.

Thema 5: Der passende Tanz

Im Projekt Der passende Tanz war das Ziel, ein Verfahren zu entwickeln, das in der Lage ist, einem Musikstück einen passenden Tanz zuzuordnen.

Als Datensatz standen der Projektgruppe 129 Audiodateien mit Musikstücken unterschiedlicher Genres zur Verfügung. Zunächst machte sich die Gruppe mit der Visualisierung der Audiodateien vertraut. Die Audiodateien wurden dabei mathematisch als Zeitreihen repräsentiert. Anschließend wurde die vereinfachende Annahme getroffen, dass Peaks in der Zeitreihe Beats darstellen und es wurde ein Peak-Picking-Verfahren implementiert, um diese Peaks zu berechnen. Um den Einfluss von Rauschen und Musikelementen, die nicht den Beat vorgegeben, zu minimieren, wurde der Mittelwert der gefundenen Peaks berechnet und anschließend die darunter liegenden Peaks entfernt. Aus den verbliebenden Peaks ermittelte die Gruppe die Geschwindigkeit des Liedes in Beats pro Minute (BPM). In einem nächsten Schritt führten die Schüler:innen eine Frequenzanalyse durch. Dabei wurden die Positionen der herausgefilterten Peaks bestimmt, die Abstände zwischen ihnen berechnet und daraus Muster abgeleitet. Auf diese Weise versuchte die Projektgruppe auch auf den Rhythmus und den Takt des Liedes zu schließen. Um einen passenden Tanz zu finden, wurden dann das gemessene Tempo und der ermittelte Takt mit dem Tempo und dem Takt gängiger Standardtänze wie Discofox verglichen.

Die Projektgruppe hat ihr Verfahren in Pyhton implementiert, evaluiert und getestet. Bei einem Testdatensatz von knapp 20 Liedern wurde eine Genauigkeit von über 60% erreicht. Durch die umfangreiche Analyse wurde die Gruppe auch auf einige Probleme aufmerksam. So war die Erkennung des Beats aufgrund von Lautstärke und Störfrequenzen nicht immer einwandfrei möglich, insbesondere da der Beat oft im Hintergrund liegt. Außerdem war es aufgrund von unregelmäßigen Ausschlägen schwierig, Muster zu erkennen, die den Takt oder den Rhythmus erkennen ließen.

Thema 6: Nachhaltige Forstwirtschaft

Wälder stellen eine der wichtigsten Ressourcen für eine nachhaltige Zukunft dar. Insbesondere sind intakte Wälder ein wesentlicher Baustein, um den Klimawandel einzudämmen. Eine vorausschauende Planung der Bewirtschaftung unter Berücksichtigung verschiedener Risikofaktoren ist daher zwingend erforderlich. Dabei liefert ein möglichst genaues Modell der Waldentwicklung wertvolle Unterstützung.

Die Aufgabe der Teilnehmenden war es nun, nachhaltige Forstwirtschaft am Beispiel von 10 Hektar Pfälzerwald über 500 Jahre zu modellieren. Sie berücksichtigten dabei im wesentlichen zwei Hauptaspekte: geeignete Standortwahl und ein Gleichgewicht zwischen Ökologie und Ökonomie.

Bei der Standortwahl galt es, einen geeigneten Abstand der Bäume untereinander einhalten. Weiterhin war es essenziell, dass die Bäume nicht in Reihen gepflanzt werden. Dadurch wären die Bäume Witterungseinflüssen, vor allem starken Winden, schutzlos ausgeliefert und das Wachstum wäre stark eingeschränkt. Die Teilnehmenden wählten deshalb zwei verschieden Ansätze, beide basierend auf zufälligen Punktprosessen. Nachdem die Standorte passend modelliert waren, wurde die Entnahme ausgewachsener Bäume sowie die Neupflanzung junger Bäume in das Modell integriert. Mithilfe von Python wurde das Modell implementiert und visualisiert.

Anschließend beschäftigten sich die Teilnehmenden mit der Auswahl der Baumarten für einen zukunftsfähigen Wald. Hier kommt es darauf an, ein möglichst optimales Gleichgewicht zwischen Ökologie auf der einen und Ökonomie auf der anderen Seite herzustellen. Nach einer ausgedehnten Recherche zu Biodiversität und Holzverkaufspreisen konnten die Teilnehmenden am Ende eine Empfehlung für die Gestaltung eines zukunftsfähigen Mischwaldes geben.

Exkursion und Freizeitprogramm

Für Dienstagabend stand erstmalig ein Spieleabend auf dem Programm. Bei verschiedenen Spielen konnten die Teilnehmenden ihr Glück auf die Probe stellen und am Ende eine RPTU-Tasse gewinnen. Nebenbei bekamen sie dabei spielerisch einen ersten Zugang zum Thema Wahrscheinlichkeiten.

Am Mittwochnachmittag ging es als Ausgleich bei schönstem Wanderwetter hinaus in den Pfälzerwald. Nach einer kurzen Zugfahrt tauchten wir auf einem 10 km langen Rundwanderweg mit Berg und Tal in die Natur des Pfälzerwaldes ein. Nach ca. 3 Stunden trafen alle wieder in der Jugendherberge ein.