Felix-Klein-Modellierungswoche, 14. - 19. September 2025

Mit 47 Schüler:innen, Lehrkräften und KOMMS-Mitarbeiter:innen waren wir dieses Mal in der Römerstadt-Jugendherberge Trier zu Gast. Mathematische Modellierung kommt im Schulunterricht meist zu kurz, bildet jedoch einen wesentlichen Bestandteil der späteren Arbeit im mathematischen Bereich. Mit der Modellierungswoche wollen wir gezielt interessierte Schüler:innen und Lehrkräfte individuell dabei unterstützen, Modellierungskompetenzen zu erwerben. Dazu arbeiten die Teilnehmenden in kleinen Gruppen und werden durch die gesamte Modellierungswoche intensiv von KOMMS-Mitarbeiter:innen begleitet und betreut.

Folgende Modellierungsaufgaben, die zum Teil aus Forschungs- oder Industrieprojekten entstammen und passend für die Zielgruppe aufbereitet wurden, standen dabei im Mittelpunkt:

  • Thema 1: Auswirkung von Starkregenereignissen
  • Thema 2: Erkennung von Alzheimer
  • Thema 3: Potenzialanalyse für ein Unternehmen
  • Thema 4: Mathematik vs. Gerrymandering
  • Thema 5: Das optimale Tastaturlayout
  • Thema 6: Bewertung und Konstruktion von Radwegenetzen
  • Thema 7: Glück oder Strategie? Kniffel Extreme 

Thema 1: Auswirkung von Starkregenereignissen

Fallen in kurzer Zeit verhältnismäßig sehr große Wassermengen, spricht man von Starkregen. Die Auswirkungen solcher Ereignisse können mitunter verheerend sein.

Um strategische Maßnahmen im Vorfeld zu planen, stellt sich die Frage, wie die Ausbreitung und Ansammlung von Regenwasser in einem Gebiet mathematisch modelliert werden können. Hierbei müssen physikalische Zusammenhänge beachtet und auch ein zeitlicher Verlauf des Ereignisses simuliert werden. Die Firma Rapid Resillience ist ein Start-up, was sich genau diesen Fragestellungen widmet. Die Aufgabenstellung für die Modellierungswoche wurde dankenswerterweise auch in Zusammenarbeit mit Rapid Resillience erstellt.

Die Gruppe hat zur Bearbeitung die geographische Fläche in Zellen eingeteilt und Regeln für den Wasserfluss zwischen benachbarten Zellen festgelegt. Hierbei gingen sie insbesondere auf das gegebene Gefälle im Gelände ein. Sie errechneten die Wasserhöhen der einzelnen Zellen anhand der Regenmenge und des Zu- und Abflusses aus umliegenden Zellen abhängig vom Höhenunterschied des Geländes und des Wasserstroms. Ihr Modell haben sie zunächst an einfachen Topologien überprüft, um es anschließend auf eine gegebene Fläche mit Siedlung zu übertragen.

Die erwarteten Wassermengen auf der gegebenen Fläche konnten graphisch dargestellt werden. 

Thema 2: Erkennung von Alzheimer

Die Alzheimer-Krankheit ist eine neurodegenerative Erkrankung, deren Früherkennung entscheidend für die Behandlung und die Lebensqualität der Betroffenen ist. Die Krankheit geht einher mit verschiedenen strukturellen Veränderungen im Gehirn der Betroffenen.

Ziel dieses Projektes war die Entwicklung eines möglichst guten Diagnoseinstruments für die Alzheimer-Krankheit auf Basis realer Daten aus der ADNI-Studie, die vom deutschen Zentrum für neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) bereitgestellt wurden. Die Schüler:innen haben dafür nach einer Recherchephase das Volumen der verschiedenen Hirnregionen von realen Patienten aus der ADNI-Studie bestimmt und das Vorkommen des Tau Proteins als weiteres relevantes Merkmal identifiziert. Die Gruppe erstellte einen Entscheidungsalgorithmus auf Basis von Bayes Klassifikatoren und Entscheidungsbäumen. Dieser wurde in Python implementiert.

Thema 3: Potenzialanalyse für ein Unternehmen

Für diese Aufgabe haben die Schüler:innen eine regionale Potenzialanalyse für Holzland Tromsdorf durchgeführt. Dabei standen praktische Fragestellungen im Mittelpunkt, die sie in mathematische Optimierungsaufgaben übersetzt haben – etwa zur Nutzung von Lagerkapazitäten, zur Verteilung von Budgets oder zur Auslastung vorhandener Ressourcen. Mit Methoden der linearen Optimierung und der Finanzmathematik erstellten sie Modelle und leiteten daraus Entscheidungsoptionen ab. Auf diese Weise zeigte sich anschaulich, wie Mathematik in der Praxis genutzt werden kann, um Chancen zu erkennen und Investitionen gezielt zu steuern. 

Ein besonderer Dank gilt Geschäftsführer Jochen Tromsdorf, der uns mit einem Datensatz unterstützt hat und den Schüler:innen während der Projektwoche die Möglichkeit zu einem spannenden Austausch gegeben hat.

Thema 4: Mathematik vs. Gerrymandering

Als Gerrymandering bezeichnet man die gezielte Manipulation von Wahlkreisgrenzen in Mehrheitswahlsystemen, um einer Partei einen Vorteil zu verschaffen. Durch das gezielte Zuschneiden von Wahlkreisen können mehr Wahlkreise gewonnen werden, sodass das Ergebnis nicht mehr den tatsächlichen Mehrheitsverhältnissen entspricht.

Im Rahmen des Projekts haben sich die Schüler:innen damit beschäftigt, wie Mathematik eingesetzt werden kann, um faire bzw. unfaire Wahlkreisgrenzen zu ziehen. Dabei haben sie unter anderem ein Fairnesskonzept ausgearbeitet, theoretische obere und untere Schranken bestimmt und einen auf „Simulated Annealing“ basierenden Algorithmus zum Ziehen von Wahlkreisgrenzen entwickelt.

Thema 5: Das optimale Tastaturlayout

Das in Deutschland übliche Tastaturlayout QWERTZ wurde ursprünglich für Schreibmaschinen konzipiert. Das Ziel dabei war jedoch weder die Maximierung der Tippgeschwindigkeit noch die gleichmäßige Belastung aller Finger. Stattdessen wurden die am häufigsten vorkommenden Buchstabenfolgen voneinander getrennt, um ein Hängenbleiben an den Typenhebeln zu vermeiden.

Im Projekt „Das optimale Tastaturlayout” untersuchten die Schüler:innen, wie ein besseres Layout entwickelt werden kann. Dazu ermittelte die Projektgruppe die häufigsten Buchstaben und Bigramme. Darüber hinaus wurde eine neue Tastaturform entwickelt, die die unterschiedliche Beweglichkeit der Finger berücksichtigt. Anschließend analysierten die Schüler:innen ihr Tastaturlayout hinsichtlich Tippgeschwindigkeit und Aufteilung von Bigrammen und verglichen es mit den Layouts der QWERTZ-, DOVRAK- und Neo-Welt-Tastaturen.

Thema 6: Bewertung und Konstruktion von Radwegenetzen

Gerade im Zuge der Verkehrswende soll das Fahrrad eine sinnvolle Alternative zum Auto darstellen. Dabei ist klar, dass ein schlechtes Radwegenetz nicht dazu beiträgt, mehr Rad zu fahren. Ziel dieser Aufgabe war es daher Kriterien für ein "gutes" Radwegenetz zu finden und Algorithmen zur Konstruktion oder zum Ausbau von Radnetzen zu entwickeln. Die Schüler:innen modellierten das zugrundeliegende Straßennetz als mathematischen Graphen und stellten verschiedene Modelle auf, die aus den Perspektiven einer Stadtplaner:in und einer Radfahrer:in optimale Netze konstruieren. Zusätzlich wurden Approximation und Triangulation genutzt, um gute Kompromisslösungen zu finden. Die Verfahren wurden in Python implementiert und auf realen Daten evaluiert.

Thema 7: Glück oder Strategie? Kniffel Extreme

Das Ziel dieser Aufgabe war es, zu untersuchen, ob sich für Kniffel Extreme, eine erweiterte Version des klassischen Würfelspiels, eine mathematisch fundierte Strategie entwickeln lässt. Kniffel Extreme erweitert das Grundspiel um einen zehnseitigen Würfel, zusätzliche Punktekategorien und strategische Chips, die einen vierten Wurf ermöglichen.

Zunächst definierte das Team eine vollständige Strategie als Entscheidungsregel für jede mögliche Spielsituation: Welche Würfel werden für den nächsten Wurf behalten? In welche Kategorie wird das Ergebnis eingetragen? Wann werden die limitierten Chips eingesetzt?

 Daraufhin modellierte die Gruppe das Szenario, leicht vereinfacht auf nur eine zu spielende Kniffel Extreme Runde, mathematisch durch Entscheidungsbäume, und leitete sich eine für den Erwartungswert optimale Strategie her. Durch Abstraktion der Konzepte konnte ein Computerprogramm entwickelt werden, welches diese Strategie auch innerhalb eines nutzerfreundlichen Kontexts errechnet.

Exkursion und Freizeitprogramm

Unser Ausflug führte uns in die Trierer Innenstadt, wo die Problemlösungsfähigkeiten der Schüler:innen auf die Probe gestellt wurden.
Das Freizeitprogramm wurde durch Spieleabende, einen Karaoke-Abend und eine optionale morgendliche Laufrunden abgerundet.